Sonntag, 21. November 2010

Landkreis setzt Krisen- und Sanierungsstab ein

Landkreis setzt Krisen- und Sanierungsstab ein

VON LARS GEIPEL, 12.11.10, 20:01h, aktualisiert 12.11.10, 21:34h
Standort Aschersleben
Die Mitarbeiter im Klinikum am Standort Aschersleben müssen mit harten Einschnitten rechnen. (FOTO: SUSANNE THON)
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ASCHERSLEBEN/MZ. Jetzt wird es ernst: Angesichts der dramatischen finanziellen Situation des Klinikums Aschersleben-Staßfurt, hat Landrat Ulrich Gerstner (SPD) ab sofort einen klinikinternen Sanierungsstab und einen landkreisinternen Krisenstab gebildet. "Die Zeit drängt. Wir müssen jetzt reagieren und mit der Sanierung vorwärtskommen", erklärte Gerstner.

Der klinikinterne Sanierungsstab steht Gerstners Worten zufolge unter der Leitung von Klinikholding-Geschäftsführer Peter Löbus. "In dem Gremium, in dem Mitarbeiter aus allen Klinikstandorten und den verschiedenen Berufsgruppen vertreten sind, steht alles rund um die Kliniken auf dem Prüfstand. Abläufe, Strukturen, Personal, Kosten. Es kann keine Tabus mehr geben. Nur so können wir die schwierige wirtschaftliche Situation bewältigen", erklärte der Landrat. Zudem wird der Sanierungsstab dem Gutachter, der vom Aufsichtsrat der Holding zur Erarbeitung eines tragfähigen Fortführungskonzeptes bereits beauftragt wurde, zuarbeiten und soll Sofortmaßnahmen schnell umsetzen.

Unterstützt wird das Gremium vom landkreisinternen Krisenstab, dem der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes des Landkreises, Thomas Michling, und die Leiterin des Beteiligungsmanagements, Babette Senst, angehören. "Sie werden die Interessen des Landkreises als Gesellschafter der Klinikholding vertreten und genau schauen, was mit dem Geld des Landkreises und den Standorten passiert", so Landrat Ulrich Gerstner weiter.

Hintergrund für die drastischen Maßnahmen war die Bankrotterklärung, die Peter Löbus, Geschäftsführer der Klinikholding, Freitag vorvergangener Woche in zwei Belegschaftsversammlungen an den Standorten Aschersleben und Staßfurt abgegeben hatte. Ein desaströses drittes Quartal mit einem dramatischen Rückgang von 730 Patienten in den Monaten Juli, August und September hatte ein zwei Millionen Euro großes Loch in die Kasse gerissen und die Einrichtung an den Rand des Ruins getrieben. Zwar hatte Landrat Gerstner zugesagt, dass der Landkreis als Gesellschafter einen finanziellen Rettungsschirm spannen wird. Doch alle Experten sind sich einig, dass es sich der ebenfalls hochverschuldete Salzlandkreis selbst auf kurze Sicht nicht leisten kann, das Klinikum Aschersleben-Staßfurt "über Wasser zu halten". So dürfte nach Sicht der Finanz- und Gesundheitsexperten die Kliniklandschaft im Salzlandkreis, die aus den Standorten Aschersleben, Staßfurt, Schönebeck und Bernburg besteht, vor einem dramatischen Umbruch stehen. Zwar wird das Ergebnis der Untersuchung des Gutachters erst im Dezember vorliegen. Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass angesichts von vier Klinikstandorten im Salzlandkreis bereits jetzt eine große Bettenüberkapazität besteht. Hinzu kommt die Bevölkerungsentwicklung: Bis zum Jahr 2025 wohnen im Salzlandkreis fast ein Viertel weniger Menschen.

Was das genau heißt, will offiziell noch niemand sagen. Doch ein Kenner der Klinikszene ist sich ganz sicher, dass sich jetzt nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera stellt: "Die Kosten müssen gesenkt werden, oder man schafft sich das Problem vom Hals." Das bedeutet: Arbeitsplatzabbau oder Verkauf von Klinikanteilen.

Eigentlich hatte der Aufsichtsrat der Klinikholding gehofft, genau darum herumzukommen. Dazu hatten die Mitglieder im Frühjahr ein Klinikkonzept beschlossen, das die Konzentration von medizinischen Schwerpunkten an den vier Standorten vorsah. Allerdings gab es von Anfang an Streit darüber, dass die stationäre Unfall- und Wiederherstellungschirurgie nach Aschersleben gehen und in Staßfurt nur noch ambulant operiert werden sollte.

Die hochemotionale Debatte spitzte sich in den vergangenen Monaten akut zu. Sie gipfelte in Demonstrationen, bei denen in Staßfurt bis zu 5 000 Menschen gegen das Konzept protestierten, und in Hunderten von Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Landrat Gerstner. Der hat den Schuldigen für den Patienteneinbruch gefunden: "Ich bin der festen Überzeugung, dass der Vertrauensverlust aus den Protesten aus dem Staßfurter Raum resultiert." Das sieht Staßfurts Oberbürgermeister René Zok (parteilos) anders: "Die schwierige Situation ist das Ergebnis des verfehlten Klinikkonzeptes."

Posted via email from Blog "Gesundheitswirtschaft"

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