Dienstag, 17. August 2010

Diplomarbeit: Krankenhaus Einkauf Krankenhauseinkauf Krankenhaus Beschaffung

Analyse von Lead-Buyer-Konzepten zur Adaption auf den deutschen Krankenhausmarkt

Diplomarbeit

Diplomarbeit von Alexander Lindenbach ; Abgabe Mai 2007; 110 Seiten, 822,7 KB ; Note 1,7; Sprache Deutsch
Technische Universität Berlin Deutschland
Literatur- und Quellenangaben: ca. 80

Inhaltsangabe, Inhaltsverzeichnis und Textauszüge:

Einleitung:

„Milliardengrab Einkauf“ - die meisten Unternehmen verschenken bei der Beschaffung enorme Summen und merken es oft nicht einmal. Der bislang überwiegend operativ agierende Bereich, in dem die Sicherung der Bedarfsdeckung und Versorgung des Unternehmens mit erforderlichen Gütern und Dienstleistungen im Mittelpunkt steht, entwickelt sich zu einer gewinn- und wettbewerbsentscheidenden Unternehmensfunktion. Dabei ist nicht erst seit Erwin Grochla betriebswirtschaftlich und unternehmenstheoretisch anerkannt, dass über das zugekaufte Material (mit einbezogen alle Leistungen, die von außen im Unternehmen benötigt werden) die Kosten und der Gewinn unmittelbar und bilanzwirksam beeinflussbar sind.

Die zunehmende Produktvielfalt, immer kürzer werdende Innovationszyklen, steigender Wettbewerbs- und Kostendruck sind seit vielen Jahren die prägenden Umfeldentwicklungen für Unternehmen. Qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen sind innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung zu stellen, um den hohen Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Um nachhaltig Wettbewerbsvorteile aufzubauen und zu verteidigen, konzentrieren sich Unternehmen einerseits auf ihre Kernkompetenzen und nutzen anderseits die Kernkompetenzen der Lieferanten. Viele Unternehmen reduzierten ihre Wertschöpfungstiefen auf unter 50 Prozent. Hinzugekaufte Materialien, Waren und Dienstleistungen machen heute oft über 50 Prozent des Umsatzes aus. Mit der Folge, dass der Einkauf einen immer größeren Einfluss auf das Unternehmensergebnis (Hebelwirkung der Beschaffung) hat.

Dieser Trend, die Fertigungstiefe zu reduzieren, wird weiter anhalten und der Anteil der Eigenproduktion in den nächsten fünf Jahren zwischen 15 und 25 Prozent bei den Unternehmen liegen, prognostiziert Professor Christopher Jahns, Leiter des Supply Institute an der European Business School. Die Beschaffung galt dabei in der Industrie lange Zeit als das ungeliebte Stiefkind des Managements und fristete ein Mauerblümchendasein. Die Qualifikation der Mitarbeiter war mäßig, das Ansehen der Mitarbeiter gering und die Stellung in der Gesamtorganisation schwach. Erst das radikale und nicht unumstrittene Auftreten des Spaniers Jose Ignacio Lopez de Arriortua gegenüber den Zulieferern von zunächst General Motors und anschließend von Volkswagen verhalf dem Einkauf zu mehr Beachtung, da plötzlich erhebliche Einsparpotenziale sichtbar wurden. Lopez und viele Nachahmer legten damit unbeabsichtigt den Grundstein für den Bedeutungszuwachs der Beschaffungsfunktion. In der Industrie wird die Beschaffung als eine erfolgskritische Kernfunktion im Unternehmen heute anerkannt.

In vielen Unternehmen wurden organisatorische Veränderungen in der Beschaffung von den Unternehmensleitungen eingeleitet. Die in den 80er und 90er Jahren sehr zentralen Einkaufsorganisationen wurden stärker dezentral ausgerichtet. Diese Ausrichtung der Beschaffungsorganisationen führte dazu, dass einzelne Geschäftsbereiche oder Tochtergesellschaften selbstständig einkauften und einheitliche Ausschreibungen für das gesamte Unternehmen eine Seltenheit wurden. Unzählige Lieferanten und variierende Konditionen beim Einkauf gleicher Materialgruppen im Unternehmen waren die Folgen.

Die Koordination der organisationsübergreifenden Beschaffungsaktivitäten zur Nutzung unternehmensweiter Synergien, z. B. durch Bündelung des Einkaufsvolumens, den Einsatz von Standardteilen und die Reduzierung der Anzahl der Lieferanten, spielte deshalb eine zunehmend wichtigere Rolle. Ein Einkaufsmanagement, das über verschiedene Organisationseinheiten und Standorte hinweg einer Zersplitterung der Nachfragemacht und der Einkaufskompetenzen entgegenwirkt, musste aktiv organisiert werden. Nur so sind die Probleme eines wenig koordinierten Einkaufs, z. B. die Verfolgung unterschiedlicher Strategien und Vorgehensweisen, unterschiedliche Preise bei der Beschaffung der gleichen Materialgruppe und die oft ausufernde Produktvielfalt durch fehlende Standardisierungen im Unternehmen, zu lösen. Die Implementierung eines organisationsübergreifenden Materialgruppenmanagementkonzeptes, einer Organisationsform der Beschaffung, bei der die strategischen und operativen Einkaufsentscheidungen in Bezug auf festgelegte Materialgruppen über die gesamte Organisation abgestimmt werden, wurde immer wichtiger.

Im deutschen Krankenhausmarkt wächst angesichts des zunehmenden Kostendrucks durch steigende Personal- und Sachkosten, den verstärkten Technikeinsatz, den steigenden Patientenanforderungen an die Qualität der medizinischen Versorgung, den Herausforderungen der demografischen Entwicklung, den ständigen Veränderungen der politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen die Erkenntnis, dass organisatorische Veränderungen in der Krankenhausbeschaffung zur Professionalisierung des Beschaffungsmanagements immer wichtiger werden. Weitreichende organisatorische Veränderungen in der Beschaffung sind von dem Krankenhausmanagement in diesem sich durch gesetzgeberische Interventionsbereitschaft auszeichnenden Sektor auf den Weg zu bringen.

Der heute oft abwicklungsorientierte Krankenhauseinkauf ist zu einer professionell integrierten Einkaufsorganisation, in der die Vorteile der zentralen und dezentralen Beschaffung ausgenutzt werden, weiterzuentwickeln. Im fachkompetenten Dialog zwischen Einkäufern, Anwendern (Ärzten, Pflegern, Medizintechnikern etc.) und Lieferanten ist eine kostenoptimale, qualitativ hochwertige Versorgung aller Bedarfsträger zu gewährleisteten. Krankenhäuser werden langfristig in diesem dynamischen, von vielfältigen Herausforderungen geprägten deutschen Krankenhausmarkt eine qualitativ hochwertige Versorgung nur sicherstellen können, wenn sie mit dem vorgegebenen Vergütungsrahmen der auf Fallpauschalen basierenden Erlösbudgets auskommen.

Bis zum Ende der 90er Jahre spielte dabei die Beschaffung eine untergeordnete Rolle. Dies verwundert nicht, da in Zeiten des Selbstkostendeckungsprinzips die Sachkosten nicht oder nur teilweise im Fokus des Klinikmanagements standen. Durch immer enger werdende Budgets, z. B. durch die Reduzierung der Mindererlösausgleiche und beschränkte Budgetsteigerungsraten, wird es für Krankenhäuser zunehmend wichtiger, bei den Sachkosten, die etwa 21,5 Milliarden Euro im deutschen Krankenhausmarkt im Jahr 2004 ausmachten (etwa ein Drittel der Gesamtkosten im deutschen Krankenhausmarkt 2004), Einsparpotenziale zu identifizieren und zu nutzen. Dabei sind vor allem neben der Bündelung von Material, Produktstandardisierungen und die Erhöhung der Verhandlungsexzellenz der Aufgabenträger in der Krankenhausbeschaffung die entscheidenden Hebel zur Minimierung der Sachkosten.

Gang der Untersuchung:

Zielsetzung dieser Arbeit ist es, die Beschaffungsorganisationen von ausgewählten Unternehmen mit integriertem Lead-Buyer-Konzept zu analysieren und einen Vorschlag für die Organisation der Beschaffung in einer deutschen Klinikkette zu erarbeiten. Dabei stehen die folgenden Ausgangsfragen im Mittelpunkt der Betrachtung:

Wie gestalten erfolgreiche Unternehmen ihre Beschaffungsorganisation mit integriertem Lead-Buyer-Konzept, um die Herausforderungen des Marktumfeldes zu bewältigen?

Was sind die wesentlichen Merkmale und Vorteile dieser Beschaffungsorganisation?

Was sind die zentralen Herausforderungen und Probleme für Krankenhäuser in der Beschaffung im deutschen Krankenhausmarkt?

Wie kann das Lead-Buyer-Konzept auf eine deutsche Krankenhauskette adaptiert werden?

Was sind die wesentlichen Voraussetzungen und Probleme bei der Adaption des Lead-Buyer-Konzepts auf eine deutsche Krankenhauskette?

Ausgehend von diesen Fragestellungen gliedert sich die Arbeit in drei Hauptkapitel. Im ersten Kapitel wird neben den theoretischen Grundlagen der Beschaffung und Organisation der strategische Managementprozess der Beschaffung vorgestellt. Darüber hinaus werden die wesentlichen Gestaltungsdimensionen der Beschaffungsorganisation erläutert. Im zweiten Kapitel werden die wesentlichen Umfeldentwicklungen und die damit verbundenen Herausforderungen der analysierten Unternehmen herausgearbeitet.

Im Anschluss daran werden ausgehend von der Gesamtorganisation der Unternehmen die Einkaufsorganisationen mit integriertem Lead-Buyer-Konzept analysiert und wesentliche Erkenntnisse zusammengefasst. Im letzten Kapitel wird nach der Betrachtung des deutschen Krankenhausmarktes auf einzelne Problemfelder der Beschaffung im Krankenhaus eingegangen. Abschließend wird auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse der Industrieanalysen ein möglicher Gestaltungsvorschlag für die Organisation der Krankenhausbeschaffung mit integriertem Lead-Buyer-Konzept in einer deutschen Klinikkette erarbeitet.

Inhaltsverzeichnis:

Inhaltsverzeichnis I
Abbildungsverzeichnis II
Tabellenverzeichnis III
Abkürzungsverzeichnis IV
1. Einführung 1
1.1 Einleitung und Problemstellung 1
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit 4
1.3 Theoretische Grundlagen der Beschaffung und Organisation 5
1.3.1 Begriffsbestimmung der Beschaffungund Organisation 5
1.3.2 Beschaffungsstrategien zur Umsetzung von Einkaufszielen 9
1.3.3 Gestaltungsdimensionen der Beschaffungsorganisation 13
2. Lead-Buyer-Konzepte in Unternehmen 21
2.1 Umfeldanalyse der Beschaffungsorganisation 21
2.2 Die DaimlerChrysler AG 30
2.2.1 Die Organisation der DaimlerChrysler AG 30
2.2.2 Das Lead-Buyer-Konzept der DaimlerChrysler AG 31
2.3 Die Bayer AG 41
2.3.1 Die Organisation der Bayer AG 41
2.3.2 Das Lead-Buyer-Konzept der Bayer AG 43
2.4 Die ThyssenKrupp AG 50
2.4.1 Die Organisation der ThyssenKrupp AG 50
2.4.2 Das Lead-Buyer-Konzept der ThyssenKrupp AG 51
2.5 Zusammenfassende Ergebnisse 59
3. Adaption des Lead-Buyer-Konzepts auf den deutschen Krankenhausmarkt 63
3.1 Der Krankenhausmarkt in Deutschland 63
3.2 Probleme in der Klinikbeschaffung 73
3.3 Darstellung eines Lead-Buyer-Konzepts für den deutschen Krankenhausmarkt 76
4. Zusammenfassung und Ausblick 88
Literaturverzeichnis 94
Anhang 106
Eidesstattliche Erklärung 107

Textprobe:

Kapitel 3.2, Probleme in der Klinikbeschaffung:

Die Weiterentwicklung des heute noch anzutreffenden rein abwicklungsorientierten Krankenhauseinkaufs zu einer professionell integrierten Beschaffungsorganisation, in der die Aufgabenträger im fachkompetenten Dialog mit internen Funktionsbereichen (z. B. Fachabteilungen) und externen Lieferanten eine kostenoptimale, qualitativ hochwertige und reibungslose Versorgung alle Bedarfsträger im Krankenhaus gewährleisten, stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor im Krankenhaus dar. Ein grundsätzliches Umdenken im Hinblick auf das traditionelle Verständnis - der Einkäufer ist ein reiner Bestellabwickler - muss zwischen Einkäufern und medizinischem und pflegerischem Personal stattfinden.

Häufig bestellen heute noch Pfleger und Mediziner aus reiner Gewohnheit die gleichen Produkte bei ihnen bekannten Lieferanten, was die Heterogenität des eingesetzten Materials in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen stetig ansteigen lässt. Bedingt durch das große Angebot an medizinischen Sachbedarf in Deutschland (etwa 300.000 Produkte) werden bei prinzipiell standardisierbaren Produkten, wie z. B. Handschuhen oder Spritzen, fallspezifische Bestellungen von den Anwendern (Ärzten und Pflegekräften) vorgenommen. Ein kritisches Hinterfragen dieser Bestellungen vonseiten des Einkaufs findet nur in Ausnahmefällen statt.

Die Hauptgründe dafür liegen u. a. in dem unzureichenden medizinischen Fachwissen der Einkäufer, der fehlenden Rückendeckung durch das Klinikmanagement im Konfliktfall zwischen Einkäufern und Bedarfsträgern und dem oben genannten Selbstverständnis, das der Einkäufer ein bloßer Erfüllungsgehilfe der Mediziner und Pflegekräfte ist. Das hat zur Folge, dass bei vergleichbaren Klinikstrukturen die Zahl der eingesetzten Artikel von 4000 bis 6000 differiert. Ein oft nicht zwischen Fachabteilungen gebündeltes und koordiniertes Beschaffungsportfolio an Produkten mit einer Vielzahl an Lieferanten entsteht.

In deutschen Krankenhäusern sind teilweise 600 Lieferanten für die Lieferung des medizinischen Sachbedarfs eines Krankenhauses dabei nicht unüblich. Da in vielen Krankenhäusern in diesem Bereich eine solide Datengrundlage fehlt, liegen oft hohe Preisdifferenzen von teilweise 400 Prozent zwischen substituierbaren Produkten verschiedener Hersteller vor. Ein Beispiel dafür findet sich im Bereich von Herzschrittmachern. Für identische Indikationen werden von 4 Herstellern Herzschrittmacher eingesetzt, wo teilweise Preisunterschiede von 500 Euro pro Stück bei Einkammerschrittmachern und bis zu 1100 Euro pro Stück bei Zweikammerschrittmachern vorliegen.

Die Probleme und Herausforderungen im Einkauf und dessen strategische Bedeutung im Krankenhaus werden von Krankenhausmanagern zwar erkannt, aber die Reaktionen durch mögliche Veränderungen vollziehen sich in unterschiedlichem Tempo. Ein Großteil der Arbeitszeit der Mitarbeiter in der Krankenhausbeschaffung wird nach wie vor mit operativen Tätigkeiten (operativen Aufgaben aus Kapitel 1.3.1) ausgefüllt, wobei strategische Aufgaben vernachlässigt werden. Die Frage nach dem Vorliegen einer organisatorischen Trennung von strategischem und operativem Einkauf wurde nur von 4 Prozent der Teilnehmer in einer Umfrage aus dem Jahr 2005 mit Ja beantwortet. 55 Prozent verneinten diese Frage und verwiesen darauf, dass die Einkäufer in der Krankenhausbeschaffung Generalisten sind.

Die schlechte Stellung der Einkäufer in den dezentralen Beschaffungseinheiten, wie Kliniken und Pflegeheimen, gegenüber den Anwendern und die fehlende Zusammenarbeit im Rahmen von crossfunktionalen Teams, z. B. durch Diskussionen in Fachausschüssen für Kardiologie, besetzt aus Einkäufern, Ärzten und Pflegekräften über verschiedene Kliniken oder Pflegeheime hinweg, verhindert die Bündelung von Wissen und Mengen in der Beschaffung. Das hat zur Folge, dass die Problemorientierung und technologische Kompetenz der Mitarbeiter in der Beschaffung eher gering ist und die Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten, die i.d.R. gut ausgebildete, durch Bonuszahlungen hoch motivierte Außendienstmitarbeiter in Verhandlungen schicken, unzureichend ist. Verhandlungserfolge in Form von konditionellen Einsparungen sind aus der Sicht des Krankenhauseinkaufs somit nur bedingt möglich.

Hinzu kommt, dass durch historisch gewachsene vertriebliche Wege, bei denen der Chefarzt oder der Direktor und nicht der Einkäufer im Krankenhaus der erste Ansprechpartner für Lieferanten ist, ökonomische Faktoren bei der Beschaffung in den Hintergrund rücken lässt. Das Fehlen klarer Entscheidungsstrukturen, Verantwortungszuordnung und Weisungsrechte in der Beschaffung stellt dabei die Glaubwürdigkeit der Krankenhausbeschaffung infrage.

Arbeit zitieren: Lindenbach, Alexander Mai 2007: Analyse von Lead-Buyer-Konzepten zur Adaption auf den deutschen Krankenhausmarkt, Hamburg: Diplomica Verlag
Bestellmöglichkeiten und Preise:

Bezugspreis eBook (PDF-Datei) per Download: EUR 48,00 inkl MwSt.
Bestellnummer: ISBN 978-3-8366-0649-3
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Posted via email from Blog "Gesundheitswirtschaft"

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