Mittwoch, 21. April 2010

Einkauf: „Statt Folien – Wie Sie besser präsentieren“

0 von Jochen Mai am 20. April 2010 → Gastbeitrag in Büro
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Statt Folien – Wie Sie besser präsentieren (mit Powerpoint)

Ein Gastbeitrag von dem Präsentationscoach Michael Gerharz

Es ging um nicht weniger als das Potenzial, eine Milliarde Dollar einzusparen. Und das nur, indem man den Einkauf verbessert und bündelt. Jon Stegner wusste das. Er wusste aber auch, dass dies eine radikale Umstrukturierung des gesamten Einkaufsprozesses erfordern würde. So einen gigantischen Changeprozess leitet man nicht mal eben mit einer simplen Powerpoint-Präsentation ein. Stegner war klar: Seine Chefs würden nur dann mitspielen, wenn sie absolut von der Notwendigkeit und Wirksamkeit dieser Veränderung überzeugt wären.

Statt also eine gründliche Analyse aller verfügbaren Daten in Form von ausgeklügelten Excel-Diagrammen aufzubereiten und mit plausiblen Vorher-Nachher-Rechnungen das Einsparpotential zu verdeutlichen, wählte er einen anderen Weg: Er heuerte eine Studentin an und bat sie, sämtliche Schutzhandschuhe, die in den 14 Werken seines Unternehmens verwendet wurden, samt deren Einkaufspreis aufzulisten. Das Ergebnis war selbst für Stegner überraschend: Das Unternehmen kaufte regelmäßig 424 verschiedene Handschuh-Modelle ein. Es kam sogar vor, dass derselbe Lieferant die gleichen Handschuhe an unterschiedliche Werke zu stark unterschiedlichen Preisen verkaufte. In einem Fall lag die Spanne zwischen fünf und 17 Dollar für das gleiche Paar.

Um seine Vorgesetzten von der Notwendigkeit eines zentralen Einkaufs zu überzeugen, tat Stegner nun folgendes: Er beauftragte seine Studentin, von jedem der 424 Handschuhe ein Paar zu besorgen, reihte diese sorgfältig mit Preisschildern im Konferenzraum des nächsten Meetings auf und ließ die Manager daran vorbeigehen. Sie ahnen, was passierte: Der Anblick dieses organisierten Chaos’ überzeugte die Manager mehr, als es jede Powerpointfolie hätte tun können. Schon kurz darauf wurde eine generelle Umstrukturierung des Einkaufs angeordnet, als deren Ergebnis nur noch ein Dutzend verschiedene Handschuhe von einem einzigen Lieferanten bezogen wurden. Das Unternehmen sparte allein dadurch 50 Prozent der bisherigen Kosten.

Das anschauliche Beispiel Stegners lehrt uns dreierlei Methoden, die auch Sie bei Ihrer nächsten Präsentation anwenden können:

  • Werden Sie konkret! Jon Stegner sprach nicht von einer wolkigen Milliarde Dollar, die man durch einen abstrakten neuen Einkaufsprozess überall hätte einsparen können. Er sprach zunächst von einer ganz konkreten Einsparung, die durch praktische Schritte leicht behoben werden konnte. Sobald er die Manager hiervon überzeugt hatte, konnte er sie wesentlich leichter von weiteren Umstrukturierungen im Einkauf (zum Beispiel bei Schutzbrillen) überzeugen. Viel zu oft wird in Präsentationen abstraktes Buzzword-Bingo gespielt („Wir müssen eine reibungslose Lieferkette kultivieren“), das bestenfalls verpufft und schlimmstenfalls gute Ideen verhindert, weil sie nicht in den Köpfen der Zuhörer ankommen. Werden Sie lieber anschaulich! Zeigen Sie genau, worum es bei Ihren Vorschlägen geht. Inspirationen, wie man abstrakte Zahlen greifbar machen kann, liefern übrigens die beiden Fotografen Chris Jordan, der den amerikanischen Konsum visuell veranschaulicht, und Peter Menzel, der weltweit 30 Familien zusammen mit ihrer Wochenration an Lebensmitteln fotografiert und verglichen hat.

  • Werden Sie greifbar! Stegner selbst sagte zum Erfolg seiner Aktion später: „Indem wir das wahre Ausmaß für das Management real und greifbar gemacht haben, waren sie völlig aufgebracht.“ Eine ganz wichtige Komponente in Stegners Vorführung war, dass die Manager die unglaubliche Anzahl der Handschuhe sehen und anfassen konnten. So wurde das schiere Ausmaß der Verschwendung plastischer. Immer dann, wenn Sie etwas Echtes zeigen können, sollten Sie das auch tun. Niemand würde auf die Idee kommen, eine neue Kaffeeröstung allein per Powerpoint zu präsentieren. Viel einprägsamer ist, dem Publikum auch gleich eine Tasse davon zu kredenzen und die Leute den neuen Blend probieren zu lassen. Greifbare Gegenstände üben eine Faszination aus, die Bilder und Worte selten erreichen. Die Hirnforscherin Jill Bolte Taylor zum Beispiel fasziniert mit ihren sensationellen Vorträgen gerade deshalb, weil sie nicht nur über das Gehirn spricht, sondern ein echtes Exemplar zur Veranschaulichung gleich dabei hat:
  • Nutzen Sie Powerpoint sinnvoll! Stegner verzichtete bewusst auf eine Präsentation. Keine noch so gut gestaltete Folie hätte seine Aussage besser veranschaulichen können. Und das gilt sicher für die vielen, vielen Vorträge, die jeden Tag in Meetings gehalten werden. Powerpoint ist lediglich ein Werkzeug. Und wie bei allen Werkzeugen gilt auch hier Mark Twains berühmter Ausspruch: „Wer einen Hammer besitzt, für den sieht alles wie ein Nagel aus.“ Anders ausgedrückt: Im Powerpoint-Korsett sieht jeder Vortrag schnell wie eine Liste von Stichpunkten mit der immer gleichen Struktur aus. Aber ist das auch nötig? Wenn Sie zu dem Schluss kommen, dass Powerpoint Ihre Botschaft wirksam unterstützt (und oft vermag es das tatsächlich), dann hinterfragen Sie zumindest, wie Ihre Folien Ihre Ideen unterstützen können. Häufig reichen schon Bilder oder Diagramme ohne viel Text. Gute Anregungen, wie man mit Powerpoint Vorträge halten kann, die engagiert, konkret und inspirierend sind, finden Sie etwa auf der Webseite der jährlich stattfindenden TED-Konferenz, wo ich auch diesen fantastischen Vortrag von Lawrence Lessig über das Urheberrecht gefunden habe:
  • PS. Aber nicht, dass Sie jetzt meinen, mit einer Show-Präsentation kämen Sie um die harte Grundlagenarbeit herum. Mit ziemlicher Sicherheit hat auch Jon Stegner vorab umfangreiche Analysen durchgeführt, um dem Management Rede und Antwort stehen zu können, etwa bei der Rückfrage, wie viel sich einsparen ließe und wie man das Procedere vereinfachen könnte.

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